Ein Sachse dirigierte das "Badnerlied"
Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer wurde beim Besuch der Stadtkapelle Buchen in Görlitz zum Ehrendirigenten ernannt.
Buchen/Görlitz. Zu einem Füllhorn bleibender Momente entwickelte sich die mehrtägige Fahrt der Stadtkapelle Buchen in die Europastadt Görlitz. Herzliche Begegnungen, eindrucksvolle Häuserfassaden, herrliche Erholungslandschaften, ein stimmungsvolles Altstadtfest, ein musikalischer Ministerpräsident und Gänsehaut pur in einer Kirchenruine prägten die Fahrt.
Schon seit längerem war es der Wunsch des gebürtigen Bucheners Benedikt Hummel, heute Geschäftsführer der Görlitzer Kulturservicegesellschaft, die Buchener Stadtkapelle zum Altstadtfest nach Görlitz einzuladen. Da auch der Neckar-Odenwald-Kreis seit 30 Jahren eine Partnerschaft mit dem Landkreis Görlitz unterhält, war auch Landrat Dr. Achim Brötel, gleichzeitig Vorsitzender des Fördervereins der Stadtkapelle, von Beginn an in die Planungen eingebunden. So entstand ein unvergessliches Programm aus Kultur, Musik und einer ordentlichen Prise Erholung, das die über 70 Teilnehmer, darunter eben auch Landrat Achim Brötel und Bürgermeister Roland Burger, bei herrlichem Sommerwetter rundum zufriedenstellte.
Nach der Anreise stand zunächst eine Stadtführung auf dem Programm, bei der man viel Wissenswertes über die geteilte Europastadt an der Neiße erfuhr. Da Görlitz trotz seiner Grenzlage im Laufe der Geschichte nie von größeren Bombardements betroffen war, kann man heute noch in der Altstadt die Baustile vergangener Epochen bewundern. Bemerkenswert ist dabei die Tatsache, dass die Renovierung und Restaurierung ganzer Häuserzeilen nach der Wende vor allem auch von privaten Investoren angeschoben wurde.
Am Abend traf man sich in geselliger Runde mit Landrat Bernd Lange, der Struktur, Stärken und Probleme des Kreises Görlitz vorstellte. In diesem Zusammenhang erinnerte Landrat Brötel an den damaligen Begründer der Partnerschaft, den Pfarrer Heinz Eggert, späterer sächsischer Staatsminister, der mit seinen Predigten einen gehörigen Anteil an der friedlichen Revolution hatte.
Der Freitag stand ganz im Zeichen des Umlandes von Görlitz, wobei man der Stadt Zittau einen Besuch abstattete. Anschließend ging es mit der Zittauer Schmalspurbahn in den Kurort Oybin, um dort bei einer sehr ansprechenden und unterhaltsamen Führung durch Burg- und Klosteranlage einen Einblick in die Geschichte zur Zeit des böhmischen Königs Karl IV. zu erhalten.
Gänsehaut pur stellte sich bei dem Konzert zweier tschechischer Musiker ein, die mit Piano und Geige in der Ruine der Kathedrale überraschten und eine packende mystische Atmosphäre verbreiteten. Sehr beeindruckend war auch der Aufenthalt in der kleinen, über Jahrhunderte erhaltenen Bergkirche Oybins, in der Pfarrer Heinz Eggert in der Zeit vor der Wende seine Freiheitspredigten hielt. Das war Geschichte zum Anfassen. Krönender Abschluss dieses Tages war das Abendessen mit traumhaftem Panoramablick über die Oberlausitz.
Am Samstagvormittag machte sich die Reisegruppe auf zum Berzdorfer See, einem Baggersee eines ehemaligen Braunkohlereviers, um dort Kräfte für das musikalische Programm beim Altstadtfest zu tanken. Denn darauf hatten sich die Musikerinnen und Musiker um ihren Dirigenten Alexander Monsch intensiv vorbereitet. Zunächst ging es mit Marschmusik durch die Görlitzer Altstadt, wobei die zahlreichen Zuschauer nicht mit Beifall geizten und der Stadtkapelle immer wieder freudig und dankbar zuriefen und grüßten.
Ein Höhepunkt für alle Musiker war die Überquerung der Bogenbrücke vom deutschen Görlitz in den polnischen Teil der Stadt Zgorzelec, in dem ebenfalls ein Stadtfest gefeiert wurde. Auch hier wurden die Musiker freudig empfangen und man gewann einen bleibenden Eindruck für die besondere Lage dieser geteilten Stadt. Zurück auf der großen Bühne auf dem Oberen Markt in Görlitz zog die Stadtkapelle dann alle musikalischen Register der Unterhaltungsmusik. Es gelang, den sehr gut besuchten Festplatz in beste Stimmung zu bringen.
Völlig überraschend gesellte sich plötzlich der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer auf die Bühne, der im Rahmen der anstehenden Landtagswahl auch dem Görlitzer Altstadtfest einen Besuch abstattete. Selbstredend wurde er kurzerhand zum Ehrendirigenten der Stadtkapelle ernannt und so dirigierte er gekonnt das "Badnerlied". Kretschmer gratulierte anschließend Dirigent Alexander Monsch zu seinem tollen Orchester, vergaß es aber ebenfalls nicht, sich bei Dr. Brötel und Bürgermeister Burger für die gelebte Partnerschaft der beiden Landkreise zu bedanken.
Damit war der Politprominenz aber noch nicht genug, da der an diesem Tag neu in sein Amt eingeführte Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu ebenfalls dem Altstadtfest einen Besuch abstattete. Als ehemaliger Berufstrompeter würdigte er die Leistungen der Stadtkapelle und bedankte sich ebenfalls für das Engagement der Buchener.
Den Ausklang am Samstagabend konnte jeder dann individuell beim Altstadtfest gestalten, wobei das besondere Flair dieser geteilten Stadt noch einmal genossen werden konnte. Am Sonntagmorgen, vor der Rückreise, bedankte sich der zweite Vorsitzende Klemens Weber im Namen aller Teilnehmer in besonderem Maße bei Vorsitzendem Christian Schultze, der die Hauptverantwortung für die Durchführung der Reise hatte und bei dem alle Fäden der Organisation zusammenliefen. Dafür gab es dankbaren Applaus einer rundum zufriedenen Reisegruppe.
© Rhein-Neckar-Zeitung (27. August 2019)